Besondere Situation benötigen, besondere Vorgehensweisen. Wenn Going get‘s tough, the Tough get going. Wir wollen hier die Methode Objectives & Key-Results (OKR) kritisch im Lichte der Covid-19 Krise beleuchten. Wie agil ist Agilität eigentlich? Und taugen agile Strategy Sprints auch für die aktuelle Praxis? Dazu orientieren wir uns an den vier Kernelement der Strategy Sprints: Strategie – Fokus – Bewertung – Rhythmus.
https://news.wko.at/news/wien/Fokussiert-durch-die-Krise-mit-einer-Strategie,-Selbstkriti.html
Strategie: Perfektion ist jetzt nicht gefragt
Unter Strategie versteht man üblicherweise die Analyse über die künftige Positionierung und Ausrichtung eines Unternehmens. Also die Frage wo will ich hin? Und weiters auch: Wie komme ich dort hin? In der derzeitigen Krise sind beide Fragen schwierig oder kaum zu beantworten. Entscheidungen, die nicht entschieden werden können, müssen entschieden werden. Im Sinne von Heinz von Foersters müssen wir genau jetzt jene Fragen entscheiden, wo sich keine Lösungen aus logisch-rationalem Kalkül ergeben. Ungewissheit verlangt, Annahmen zu treffen, Hypothesen zu erstellen und Plausibilitäten abzuklären. Langwierige detaillierte Strategie-Findungen haben jetzt keinen Platz. Viele der bisherigen Auffassungen und „Wahrheiten“ müssen einfach verworfen werden. Es gilt schnell neue Geschäftsmodelle zu erfinden, neue Services oder andere Produkte zu entwickelt und Prozesse schnell anzupassen oder neu zu schaffen. Es geht jetzt nicht um Perfektion. Es geht ums Überleben und Neuausrichten. As good as possible oder eben Pareto-optimal. Mit 20% des Aufwands eine 80% gute Lösungen zu finden oder Wirkung zu erzielen. Schnelligkeit und Kreativität sind gefragt. Oder einfach Unternehmerisches Denken.
Fokus: Weniger ist mehr
Wenn die Richtung noch nicht klar und der Weg ungewiss sind, empfiehlt es sich „auf Sicht zu fahren“. Kurze, überschaubare Etappen von zwei bis drei Wochen zu planen. Dafür sind auf Basis der vorläufigen oder sagen wir Adhoc-Strategie Subziele (Meilensteine) festzulegen, die konkrete Ergebnisse liefern sollen. Also möglichst viele MVPs – Minimal Viable Products – überlebensfähige Produkte, die zumindest die Minimalanforderungen der Kunden bzw. des Marktes abdecken. Es empfiehlt sich möglichst kleine Projekt und Vorhaben mit kurzer Durchlaufzeit zu starten: Tiny Houses und keine Wolkenkratzer, einfache Lösungen und nicht die Alles-berücksichtigenden-Super-Lösungen (full-flashed solutions). Improvisieren und Provisorien schaffen. Ein italienisch-österreichischer Approach! 😉 Nun geht es um: So wenig wie möglich und nur so viel wie nötig. Die Situation mag sich schnell ändern bis zum Ende einer Etappe, der Nebel lichtet sich, dafür ziehen neue Ungewissenheit auf. Es gilt die Konzentration aufs Wesentliche: max. fünf Ziele (Objectives) mit max 3-4 Key Results für die Zielerreichung definieren. Sicherstellen, dass alle die OKRs verstanden haben und mittragen. Trotz Ungewissheit und Kontingenz. Ja natürlich könnte man es auch ganz anders machen und ja, man könnte auch immer alternative Wege einschlagen. Aber wir oder eben die Geschäftsführung haben jetzt so entschieden und daher: Los geht’s – Full speed.
Bewertung: Kritische Standortbestimmung in kurzen Abständen
Wenn man im Ungewissen und vernebelten Raum unterwegs ist, gilt es öfter kurz innezuhalten und kritisch zu reflektieren, die aktuelle Situation zu bewerten. Haben wir unsere angestrebten Key-Results erreicht? Zeigen diese die gewünschten Wirkungen, wenn auch nur in zarten Ansätzen? Verzögerungseffekte wohl mitbedacht. Und vor allem: Stimmt unsere Marschrichtung noch, sind die strategischen Ziele noch passend? Darüber hinaus ist auch die Vorgehensweise zu hinterfragen. Können und wollen wir so weitermachen? Stimmen unsere Annahmen seit dem letzten Mal noch? Was hat sich geändert? Was wissen wir jetzt neu? Was müssen wir verwerfen.
Rhythmus: Das Tempo kann hoch, muss aber machbar sein
Auch für die außergewöhnlichsten Leistungen – sei es ein Marathon oder Iron man – braucht es Kontinuität und Gelassenheit bei der Umsetzung. Die Kraft liegt in der Ruhe. Die Führung ist hier gefordert diese auszustrahlen, quasi als Pace-Maker. Zügig und zielorientiert, aber sich nicht dabei verausgaben. Die vorhandenen Ressourcen müssen gut eingeteilt und genutzt werden, um das Tempo auch länger durchhalten zu können. Wenn man schon ins kalte Wasser geworfen wurde und aus der Not heraus schwimmen gelernt hat, sollte man tunlichst vermeiden, auf halber Distanz aufgrund von Erschöpfung unterzugehen.
Quick-Tipps – Schnelle Checkliste
Strategie:
– Überlebens-Modus first (Taktik)
– Neuerfinden (für nach der Krise)
– Kritisches Review von Services, Produkten, Prozessen (Beibehalten, adaptieren, anders/neu)
Fokus:
– Nicht perfekt – Good enough to try
– Mut zur Lücke
– Glaube an die Etappenziele (next steps)
Bewertung:
– Lernen aus dem Bisherigen als Überlebenschance
– Teilen von Erfahrungen/ Vertrauen
– Wertschätzendes auch kritisches Feedback
Rhythmus:
– Tempo so einteilen, dass alle mitkönnen
– Kritischer Firmen/ Personal-Check (Haben wir die richtigen Leute on Board bzw. bin ich als Mitarbeiter*in bei der passenden Firma?)
– Geben und Nehmen – Fordern/ Fördern
Krisen sind ungeplante und ungewollte Phasen. Diskontinuitäten eben, die auch die Chance bergen, Ballast abzuwerfen und sich strukturell zu erneuern. Nicht-Entscheiden ist auch eine Entscheidung. Sicher nicht die Beste. Evolution ist die permanente Weiterentwicklung in Richtung höhere Komplexität. Wenn wir das schon nicht stoppen können, so lasst und doch Schmetterlinge werden und das Raupenstadium ablegen.